Stoffgeschichten
Drei Himmelsleitern für Kleinmachnow





In Kleinmachnow wuchs die evangelische Gemeinde stetig und die alte Kirche reichte für große Gottesdienste und Veranstaltungen nicht mehr aus. Eine neue Kirche, die den Bedürfnissen einer modernen Gemeinde gerecht wird, wurde gebaut. Die Kleinmachnower waren eingeladen, an der Innengestaltung des neuen Kirchsaals mitzuwirken.

Gesammelt wurden Kleidungstücke und Stoffe, die eine Geschichte mitbringen. Von historischer Relevanz ist beispielsweise das rote Stoffband, das zwischen Maueröffnung und feierlicher Wiedervereinigung von Kleinmachnow und Berlin vorübergehend noch die Welten trennte. Von den dunkelsten Stunden unserer Geschichte erzählt ein Kinderkleidchen, das zurückblieb, als die Freundin und ihre ganze Familie eines Nachts nach Auschwitz deportiert wurden.

Andere Textilien, die zunächst alltagsbanal scheinen mögen, sind doch schon sozialgeschichtliche Dokumente: Wer legt noch allabendlich eine handgestickte Tischdecke auf den Tisch, um mit der versammelten Familie den Feierabend gemeinsam zu verbringen, Abendbrot essend, Karten spielend, erzählend? Und wer hat noch ein Einkaufsnetz in der Jackentasche, allzeit bereit für Besorgungen, wenn etwas selten Erhältliches im Angebot ist?

Wieder andere Stoffgeschichten erinnern an fröhliche Familienfeste, wie Hochzeit und Taufe oder an berufliche Aufgaben, wie die robuste Arbeitshose des Gärtners oder die grellfarbige Jacke des Notarztes. Zusammengetragen wurde ein buntes Kaleidoskop gelebter Geschichte dieses kleinen Ortes in Deutschland, an dem sich die Geschehnisse des zweiten Weltkrieges, der DDR-Zeit, der Wiedervereinigung und des Zusammenwachsen dieses einstmals geteilten Landes in den Familiengeschichten spiegeln. Geschichten von Alteingesessenen werden ergänzt durch Erlebnisse von Neuzugezogenen und in vielen Erzählungen spielt diese Einteilung schon längst keine Rolle mehr. So sind die Stoffgeschichten auch ein Stück hoffnungsvolle europäische Vision, in einer Zeit, in der es vornehmlich um Abgrenzung und Individualisierung zu gehen scheint.

Die gespendeten Kleidungstücke wurden farblich sortiert, aufgetrennt und in Streifen geschnitten. Unter Mitarbeit von neun Kleinmachnowerinnen stellte die Textilkünstlerin Anke Mühlig aus diesem Material drei Banner zusammen, die im neuen Kirchsaal in die Deckenkonstruktion integriert wurden. Über den ganzen Dachfirst des vom Architektenteam Prof. Löffler/ Kühn entworfenen Gebäudes zieht sich ein Lichtband, das den Blick bis hinaus gen Himmel ermöglicht. Das textile Triptychon führt, wie drei Himmelsleitern, die Aufmerksamkeit hinauf zum alles überspannenden Firmament.








Lesen Sie einzelne Stoffgeschichten
www.ev-kirche-kleinmachnow.de/gemeinde/projekte/stoff-mit-geschichte.html




Die Geschichten der Himmelsleiterstoffe, zusammengetragen von Anke Mühlig und Pfarrerin Elke Rosenthal, sind 2018 als Zeitzeugendokument zusammen mit farbigen Abbildungen aller Kleidungsstücke (Fotos: Kerstin Baier) in Buchform erschienen.





Stoffgeschichten - Drei Himmelsleitern für Kleinmachnow
Anke Mühlig, Kerstin Baier, Elke Rosenthal
ISBN 978-3-00-060871-1

Das Buch kostet 29,90 und ist zu beziehen über
die Evangelische Auferstehungskirchengemeinde Kleinmachnow
per E-Mail: buero@ev-kirche-kleinmachnow.de
www.ev-kirche-kleinmachnow.de
oder die Natura Buchhandlung Kleinmachnow
www.natura.buchhandlung.de



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